Die Anfänge des Segelsports am Bodensee
Die ersten Segelclubs

vg

Inhalt

Frühe Clubgründungen in Deutschland

In Deutschland lag man aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung im 19. Jahrhundert auch bezüglich des Segelsports um Jahrzehnte hinter England und den USA zurück. - Dennoch kam es bereits früh zu vereinzelten Gründungen, wie 1835 in Berlin Stralau zur Tavernengesellschaft, die jedoch in den 1840er Jahren wieder einging. Auch der 1855 in Königsberg gegründete Segelclub Rhe kämpfte jahrzehntelang um sein Überleben.

Vor allem die Hamburger Kaufleute, mit ihren engen Kontakten zu England und den USA, brachten spätestens seit den 1840er Jahren Segelboote an die Alster. Primär handelte es sich dabei um Schwertboote, die aber oft revolutionäre Designs enthielten und für enormes Aufsehen sorgten. Jedoch erst 1866 wurde der Germania Segel Club in Hamburg gegründet, der nach ebenfalls zahlreichen wechselvollen Jahren und Umbenennungen schließlich in den NRV, den Norddeutschen Regatta-Verein, mündete. Hierbei handelte es sich damals um einen gemischten Ruder- und Segelclub. Diese öfter zu findende Kombination der zwei Wassersportarten belegt, daß der Segelsport allein in Deutschland noch zu schwach war.

Kriege und Wirtschaftskrisen verursachten eine lange Pause. Erst seit Ende der 1870er Jahre erfolgten zahlreiche Gründungen in Deutschland. Ab Ende der 1880er Jahre kam es, neben den zwei großen Zentren Berlin und Hamburg, sogar zu Gründungen einiger Segelclubs im 'trockenen' Binnenland, wie 1886 in Frankfurt oder 1903 in Augsburg. Letzteres zeigt einerseits das wachsende Interesse am Segeln, andererseits wie unbedeutend die sportliche Komponente noch war. Dennoch: 1888 (kurz vor der Gründung des ersten Vereins am Bodensee) existierten in Deutschland bereits 29 Segelclubs mit über 2.100 Mitgliedern und 500 Wasserfahrzeugen allein im Deutschen Segler-Verband (DSV).

Erstaunlicherweise stammt der älteste Segelclub der Alpenregion aus der Schweiz. In Genf wurde 1872 die Société de Navigation de Genève gegründet, die sich bis 1881 zur Société Nautique de Genève (SNG) entwickelte.

Ungünstiger als in Deutschland sah es in Österreich aus: Erst als 1875 die Alte Donau bei Wien in einen kleinen See verwandelt wurde, begannen dort zwei englische Ingenieure das Segeln auf Eigenbauten, fanden jedoch bald weitere Interessenten. Kurz darauf wechselten diese ersten Segler von der Alten Donau zum Neusiedler See und gründeten 1886 in Wien den ersten Union Yacht Club.

Als Resümee kann festgehalten werden, daß der Bodensee keineswegs zu den ersten Gebieten der Entwicklung des organisierten Segelsports gehörte. Weder weltweit gesehen noch von den Anrainerstaaten aus betrachtet, entstand diese Sportart hier besonders früh. Dennoch lassen sich erste zaghafte Ansätze in der Geschichte des Segelns am Bodensee weit zurückverfolgen.

Der Bodensee

Adlige und bürgerliche Individualisten

1770 kaufte Lord Baltimore - ein kauziger Engländer mit dubiosem Lebenswandel - in Lindau ein Bodenseesegelschiff (vermutlich einen Segner) und ließ es für sich und seine vorwiegend weibliche Reisegesellschaft mit Küche und Kammer ausstatten und umbauen in ein "prächtiges Lustschiff nach englischer Art". Zur Bedienung stellte er sechs Mann Besatzung an. Allerdings blieb der Lord nur ein paar Monate in Lindau und Gustav Schwab schrieb 1827 über das Schiff: "es wurde aber auch nur gewissermaßen für brauchbar erklärt und in nichts nachgeahmt."

Seit 1859 hatte der ehemalige Großherzog Friedrich IV. von Toscana seine Sommerresidenz bei Lindau; und er läßt sich tatsächlich als einer der ersten adligen Segler am Bodensee nachweisen. Er besaß zuerst einen offenen Schoner mit eigener Besatzung, auf dem er öfters im Sommer am Bodensee segelte und 1861 nach einer Havarie an den Eisenbahndamm bei Schachen getrieben wurde. Dies hinderte ihn jedoch nicht, weitere Segelboote anzuschaffen und noch lange zu segeln.

1866 ließ Graf Zeppelin für Prinz Wilhelm von Württemberg, dessen Flügeladjutant er war, eine Segelyacht bei der Firma Treichle in Zürich bauen und an den Bodensee nach Buchhorn verlegen. Zeppelin und Wilhelm haben damit "auf dem Bodensee viele schöne Stunden verbracht."

Prinz Ludwig - der spätere König Ludwig III. von Bayern - besaß seit 1849 die Villa Amsee als Sommersitz. Er unternahm mit einem Segelmeister Buschor öfters in Lindau Segeltouren. Genaueres ist aus einem Unfall im Jahr 1869 bekannt, als er mit seiner Jolle kenterte und von einem Dampfschiff aufgenommen wurde.

Daß man die wenigen adligen Segler kennt, lag an ihrer damaligen Öffentlichkeitswirkung. Zur selben Zeit segelnde Bürger wurden nicht schriftlich festgehalten. Dies führt leider zu einer falschen Sichtweise. Adlige segelten nämlich selten, fast immer allein und zu ihrem Privatvergnügen. Der Aufbau einer Organisation zur Ausübung des Sportes war ihnen völlig fremd. Wie in ganz Deutschland, so gingen deshalb auch am Bodensee die Clubgründungen nicht von Adligen aus. Es handelte sich somit in der Anfangsphase nicht um den später glorifizierten "Sport der Könige". Im Gegenteil basierte der organisierte Segelsport auf liberal gesinnten Bürgern.

Das Lustsegeln der Bürgerlichen soll am Bodensee mit ersten Spazierfahrten an Sonntagen auf kleineren Sportsegelbooten etwa im Jahr 1840 in Lindau durchgeführt worden sein. In den 1850er Jahren besaß ein bayerischer Postbeamter ein größeres Segelboot, welches im Lindauer Hafen lag. Einer der ersten Ausländer, der wahrscheinlich 1865 in einem Paddel- und Segelkanu den Bodensee befuhr, war Macgregor. Er stieß damals auf dem Untersee bereits auf ein aus Blech hergestelltes Tretboot mit zwei Rümpfen, das man auch segeln konnte. Es wäre zwar vermessen, dies als den ersten Katamaran des Bodensees zu bezeichnen. Dennoch zeigt jenes Sportfahrzeug das vorhandene Interesse einzelner Personen, welche bereits die unstetigen und schwachen Winde des Sees mittels Sonderkonstruktionen wie Doppelrümpfen und Tretvorrichtungen zu umgehen suchten.

Der Segelsport am Bodensee profitierte auch kaum von der allgemeinen Sportbewegung in Deutschland nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71. Wieder scheint der Impetus von England gekommen zu sein. Um das Jahr 1870 brachten mehrere Engländer zwei Segelboote aus Großbritannien mit an das schweizerische Ufer (bei Ermatingen) am Untersee und segelten von dort aus auch mehrfach. Namentlich genannt werden Lord Treherne und ein britischer Segler, Graf Butler, von Cowes auf der Isle of Wight, dem damaligen Segelzentrum. Die Bauart und Takelage der Schiffe war am Bodensee unbekannt und erregte großes Aufsehen.

Angeblich soll in den frühen 1870er Jahren ein Baron von Gaismar mit einem Begleiter während eines Sturmes samt seinem Segelboot auf dem Obersee untergegangen sein.
Unglücke sind gewöhnlich die einzigen Hinweise auf den frühen Segelsport. Vor allem sie gaben ihm zuerst auch ein äußerst hinderliches Image einer lebensgefährlichen und sogar leichtsinnigen Betätigung, wogegen die Segler am Bodensee mindestens bis zum Ersten Weltkrieg ankämpften. Wann das Segeln als Sport am Bodensee in das Bewußtsein eines größeren Teiles der Bevölkerung trat, ist unklar. Die ältesten Gemälde von Sportsegelbooten am Bodensee (sowohl Ober- als auch am Untersee) könnten in der Mitte der 1870er Jahre entstanden sein.

Sensationell hingegen war, daß eine Frau früh als Seglerin am Bodensee in Erscheinung trat. Die 1876 geborene Lilly Braumann-Honsell wurde bereits als kleines Kind von ihrem Vater - selbst ein begeisterter Segler - zum Segeln auf eigenen Booten auf dem Untersee mitgenommen. Schon als Kind soll sie sogar bei starkem Wind allein gesegelt sein, wobei dies aufgrund ihres sonstigen Lebens durchaus glaubhaft erscheint. In dem Haus auf der Reichenau verbrachte sie nicht nur die Wochenenden, sondern auch alle Ferien mit, wie sie selbst schrieb: "schwimmen, rudern, segeln". Wie sehr sie bereits Wassersport trieb, zeigt sich an einer Äußerung über ein Gemälde der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus: "Vielleicht liebte ich auch das Bild so, weil Wasser, Schiff, Segel, Wind und Wellen darauf zu sehen waren. Denn das war ja die Umwelt, in der sich an Sonntagen unser Ferienleben abspielte." Neben ihrem Vater interessierte sich auch ihr Onkel Zardetti aus Bregenz für den Wassersport. Er schaffte sich die erste private Dampfyacht am Bodensee "Passe Temps" (Zeitvertreib) an. - Diese Erwähnung geschieht nicht zufällig. Vor allem in der Anfangszeit waren die wenigen Motorbootfahrer und Segler aufeinander angewiesen und lebten auch später in Clubs zusammen. - Sogar die Wassersportinfrastruktur wurde früh aufgebaut: Bereits für das Jahr 1880 läßt sich ein kleiner privater Hafen auf der Südseite der Reichenau bei dem Sommerhaus der Familie nachweisen.

Neben der Villa Scholz am Konstanzer Ufer wohnte in den 1880er Jahren ein vermögender Deutschamerikaner, Herr Ewerbeck, aus Bremen. Mit seinen zwei Söhnen baute er sich eine seetüchtige Segelyacht. Diese war für den Bodensee zwar zu schwer und nur bei stärkeren Winden geeignet, wurde aber oft gesegelt. Die beiden Söhne bauten auch für den jungen Wilhelm von Scholz ein kleines Segelboot.

Im 19. Jahrhundert lassen sich in Überlingen, wie in den meisten Orten am Bodensee, fast ausnahmslos Gondeln und einige wenige Fischerkähne feststellen, worunter man nun zunehmend geruderte Wasserfahrzeuge verstand. Erstaunlich ist nur ein 1888 und 1889 erwähnter "Klipper". Damit bezeichnete man am Bodensee flache, sportlich schnelle Segeljollen. Da der Klipper nur etwas mehr als ein Jahr dort nachzuweisen ist, konnte sich der Segelsport zumindest noch nicht durchsetzen.

Um das Jahr 1890 stellte der Segler Scholz am Bodensee selbst im Sommer noch fest: "Mittags, wenn einem allein der weite See gehörte". Abgesehen davon, daß es kaum Segelboote gab, war auch die Zahl der Wasserfahrzeuge insgesamt sehr gering. Allerdings wurden bei einem Kaiserbesuch auf der Mainau (vermutlich im Jahr 1890) einige Segelboote erwähnt, welche von Konstanz aus das kaiserliche Dampfschiff ein Stück weit begleiteten. - Es waren folglich wenige Individualisten, welche sich dem Segelsport widmeten. Wie sehr sich jedoch einzelne Mitglieder des Bürgertums für den Segelsport interessierten, sah man an manchen Villen, welche, wie die Villa Koch bei Lindau 1903, bereits einen eigenen massiv gebauten Bootshafen besaßen. Einige Personen scheuten demnach für ihr Hobby keine Kosten.

Die ersten Vereine am Bodensee

Der Lindauer Segler-Club

Als ältester noch heute existierender Segelclub am Bodensee wurde am 20. Februar 1889 in Lindau der Lindauer Segler-Club gegründet. Es handelte sich damals insgesamt um den zweiten Segelverein in Süddeutschland. Der Anstoß zur LSC-Gründung kam, wie bei so vielen Dingen am Bodensee, von einem Fremden: Max von Mayer-Starzhausen. 1860 in Niederbayern geboren, fuhr er mit 14 Jahren zur See und ging 1878 zur Kaiserlichen Kriegsmarine. 1883 kam er als Seeoffizier an den Bodensee und wurde ziviler Assistent der Königlich Bayerischen Dampfschiffahrtsverwaltung in Lindau. Er besaß selbst eine seetüchtige Kutter-Schwertyacht mit Kajüte, welche er sich aus Hamburg mitgebracht hatte, und segelte mindestens seit 1887 häufig auf dem Bodensee.

Auffallend ist auch, daß Mayer-Starzhausen bereits 1888, vor der Gründung des LSC, Verbindungen zu Seglern am Zürichsee anknüpfte, weil eine Clubgründung am Bodensee damals noch nicht zu erreichen war. Neben Mayer-Starzhausen konnte nur noch ein weiteres Gründungsmitglied segeln: Burgess Watson, ein ehemaliger englischer Navy-Leutnant, der als Pensionär seit 1884 in Lindau auf seinem kleinen slupgetakelten Ruderboot segelte. Die Nationalität spielte folglich für die Mitgliedschaft im Club keine Rolle.

Der LSC wurde somit von bereits vorhandenen Seglern mit ihren ebenfalls bereits vorhandenen Segelbooten gegründet. In Lindau war der allgemeine Bootsbestand 1890 typisch für den Bodensee. So fanden sich dort in den drei hafenähnlichen Landestellen (nördliche Seeauffüllung, Seehafen und an der südlichen Seite der Stadt) 96 Flachboote (Ruderboote) und 14 Segelboote. Die Zahl der Gondeln dominierte. Allerdings waren 14 Segelboote erstaunlich viel und gleichzeitig der Beweis, daß auch damals nur ein Bruchteil aller vorhandenen Segelbooteigner (nur 3-4) im Club organisiert war!

Neben den sechs angeblichen Offizieren, welche inzwischen alle rein bürgerliche Berufe ausübten, fanden sich unter den Gründern noch vier Kaufleute, drei höhere Beamte und drei Ärzte. Zu den Beamten bleibt festzuhalten, daß es sich oft um Akademiker oder höhere Lehrer und Leiter der lokalen Verwaltung wie Bezirksrat etc. handelte. Hinzu kamen zahlreiche Privatiers, welche jedoch meist unter ihrem früheren Beruf geführt wurden. Ergänzt wurden sie bald durch Firmenbesitzer und Hoteliers. Diese typische Zusammenstellung von gehobenen, wohlhabenden Wirtschafts- und Bildungsbürgern sollte bis lange nach dem Ersten Weltkrieg die Segelclubs am Bodensee dominieren. Trotz der bereits damals guten Verkehrsverbindungen stammten die meisten Mitglieder im LSC lange Zeit überwiegend aus der Stadt und der direkten Umgebung von Lindau. Das war damals in den anderen deutschen Segelclubs bereits nicht mehr unbedingt üblich.

Nach einer euphorischen Gründungsphase und dem ersten schnellen Wachstum trat Mitte der 1890er Jahre im LSC allerdings eine Stagnation und folgend sogar ein Niedergang ein, der die Existenz des Clubs beinahe gefährdete. Sowohl die Mitgliederzahlen als auch die Segelaktivitäten nahmen deutlich ab. Auch in anderen Segelclubs in Deutschland zeigte sich in den 1880er und frühen 90er Jahren zumindest eine deutliche Abschwächung des Wachstums, die vermutlich mit der damals langanhaltenden Wirtschaftskrise zusammenhing. Gefestigt war der Segelsport demnach vor der Jahrhundertwende noch nicht. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts setzte beim LSC wieder ein langsamer aber stetiger Aufschwung ein. So stieg die Mitgliederzahl bis 1908 deutlich auf 77 an. Parallel dazu wuchs die Ausstattung. 1905 zählte man im LSC bereits 11 Boote.

Der Bregenzer Segel-Club

Etwa zur gleichen Zeit wie in Lindau kam es auch in Bregenz zu diversen Vereinsgründungen im Segelsportbereich. Aufgrund des gewachsenen Interesses wurde 1885 in Bregenz die "Wasserwehr Verein zur Hebung des Wassersports" gegründet. Der Zweck des Vereins war "die Kräftigung des Körpers, Pflege des Wassersports, Bildung einer Wasserwehr und gesellige Unterhaltung." Es handelte sich somit noch um einen unspezifischen Wassersportverein. Dort setzte man sich eher die Seenotrettung als den Sport zum Ziel. Die österreichische Inspektion der Bodensee-Schiffahrt stellte deshalb 1887 der "Wasser=Wehr" Jollen zum Rudern und ein "Lifeboat" aus England zum Segeln und Rudern zur Verfügung. - Festzuhalten bleibt, daß der Segelsport nicht erwähnt wird, obwohl man ein Segelboot besaß, und auch das gesellschaftliche Moment fehlte noch. Bereits im Herbst 1887 ging die Clubkasse verloren und die Vereinsaktivitäten schliefen ein. Die Wasserwehr löste sich de facto wahrscheinlich Anfang 1888 wieder selbst auf.

1891 trug man sich in Bregenz erneut "mit dem Gedanken, wieder einen Segelclub in's Leben zu rufen. Unter den Gründen, welche die Wiedererweckung der entschlafenen 'Wasser=Wehr' besonders wünschenswerth erscheinen lassen, hört man in erster Reihe den äußern, daß es im landschaftlichen und völksthümlichen Interesse unumgänglich geboten erscheine, die, selbst an den prachtvollsten Sommerabenden so schauerlich verödete Bregenzer Seebucht passend und naturgemäß zu beleben." Im Bewußtsein der Bürger wurde somit das Segeln nicht nur als "passend" sondern als "naturgemäß" angesehen. Wie sehr die Sportsegelboote schon zum Urlaubsbild am Bodensee gehörten und wie tief dieses Bild bereits im Bewußtsein der Menschen saß, zeigt sich auch vortrefflich am Beispiel des geplanten Kurhauses in Bregenz. Schon 1893 hielt es der Architekt für notwendig, auf der Projektskizze zwei kleine Sportsegelboote vor dem Kurhaus fahren zu lassen.

Der Grund für das wiedererwachte Interesse am Segelsport in Bregenz war u.a. der für den Sommer 1891 geplante Bau des Gondelhafens, welcher sich jedoch bis 1893 verzögerte. Anfang März 1893 versuchte man erneut, einen "Segel-Klub" zu gründen. Am 9. März kam es schließlich zur Gründungsversammlung des "Bregenzer Ruder- und Segelklubs". Man hatte nach den gemachten Erfahrung im ersten Club die Gebühren gesenkt. Ferner wurde die sportliche Note durch eine Veränderung des Vorstands sichtbar. Dort fand sich nun ein "technischer Leiter" und ein "Instrukteur". Wenige Tage nach Genehmigung der Statuten erhielt der neue Club die Westseite des Gondelhafens als Liegeplatz für seine zwei angeschafften Jollen zugewiesen. Unkenntnis des Segelns und Zerstrittenheit der Mitglieder führten jedoch bereits im Frühjahr 1895 zur Liquidierung des Clubs und Versteigerung der Segelboote. Das Scheitern mehrerer Versuche zur Gründung eines Segelclubs war vor der Jahrhundertwende keineswegs selten. Angesichts des Kosten- und Zeitaufwandes, des daraus resultierenden in Frage kommenden geringen Personenkreises sowie diverser Wirtschaftskrisen war der Segelsport bis etwa 1905 auch am Bodensee noch ein zaghaft aufkeimendes und sehr empfindliches Pflänzchen.

Die darauf folgende Clubgründung des "Bregenzer Segel-Clubs" (BSC) ging 1895 für einen Segelclub in etwas ungewöhnlicher Reihenfolge vonstatten. Am 1. August 1895 unterbreitete Bootsbauer Wenhart aus Lindau einigen Bregenzer Seglern ein Angebot für ein etwa 20 Jahre altes gebrauchtes Schwertboot. Mehrere Interessenten besichtigten das Boot, und einer kaufte es am 5. August auf eigenes Risiko. Daraufhin erst gründete man am 6. August den Bregenzer Segelclub als zweiten noch heute bestehenden Segelverein am Bodensee.

Die Namen

Ersichtlich wird an den beiden alten Bodensee-Segel-Vereinen der überall herrschende Unterschied zwischen den Namen "Segler"- und "Segel"-Club. Bereits am Namen wird hier deutlich, welche Fragen für die Gründungsmitglieder im Vordergrund standen. Diejenigen, welche das Wort "Segler" zum Attribut ihres Clubs machten, legten größeren Wert auf die Menschen und die damit verbundenen sozialen Kontakte - den clubähnlichen, gesellschaftlichen Rahmen -, während diejenigen, welche "Segel" als Clubbezeichnung wählten, den Schwerpunkt eher auf die Sache - mit anderen Worten: den Sport im modernen Sinne - legten. Auch lag hier noch eine wesentlich weitere Auffassung von Segeln vor, welche später in den "Yacht-Clubs" auf die Yacht als einzig angemessenem Segelboot reduziert wurde. Die spätere Bezeichnung Yacht differenziert jedoch nicht nur große Segelschiffe von kleinen Jollen. Der Name "Yachtclub" wurde auch zur offiziellen Etablierung eines gemischten Clubs gewählt, da es sowohl Segel- als auch Dampf- und Motoryachten gab. Es ist deshalb bereits vom Namen her gesehen nicht verwunderlich, daß der Lindauer Segler-Club im vornehmen Gasthaus und Hotel Bayerischer Hof gegründet wurde, während der sportlich orientierte Bregenzer Segel-Club auf die äußerst gediegene Clubatmosphäre etwas weniger Wert legte, dafür vermehrt auf sportliche Segelboote achtete, wobei das Alter der Boote und damit das Ansehen des Clubs gegenüber den Laien von geringerer Bedeutung war.

Im BSC gestaltete sich die Anfangsphase euphorisch. Fast täglich konnten im August 1895 neue Mitglieder aufgenommen werden. Auch das zweite Segelboot - die erste größere Yacht - schaffte man sich 1897 gebraucht an. Es handelte sich hierbei um das schon damals etwa 20 Jahre alte Schiff des Herrn Max von Mayer-Starzhausen aus Lindau. Dies zeigt bereits einen weiteren Unterschied zum LSC. Der BSC hatte in der Anfangszeit unter erheblichen finanziellen Problemen zu leiden, weil seine Mitglieder nicht so vermögend waren wie jene in Lindau. Im Unterschied zum BSC zählte der Segelclub in Lindau um die Jahrhundertwende auch mehr Segelboote privater Eigner, "deren dieser Klub infolge der vielen Villenbesitzer eine bedeutend größere Anzahl zu verzeichnen hat."

Am 3. Oktober 1895 mußte der BSC bereits den ersten schweren Rückschlag einstecken, als das Clubboot vor dem Hafen vor Anker liegend im Sturm schwer beschädigt wurde. Schäden am Bootsmaterial, u.a. durch ständiges Anfahren der meist vor dem Hafen verankerten Boote durch fremde Ruderboote, zahlreiche zum Teil selbstverschuldete Schäden, Sturmschäden, Mitgliederschwund sowie mangelnder Nachwuchs strapazierten das Clubvermögen deutlich und führten 1900 ebenfalls beinahe zur Auflösung. Erst 1907 hatte sich der BSC wieder etwas erholt, weshalb der Sporthausbau durch den Segler und Architekten Otto Mallaun ermöglicht wurde.

Am BSC läßt sich ebenfalls nachweisen, daß der Segelsport - insbesondere in der Anfangszeit - keineswegs ein stetig nur wachsender Sport war. Es zeigt sich vor allem die hohe Fluktuation der Mitglieder. Im BSC traten sogar im sehr guten Clubjahr 1907 10 aktive und 21 unterstützende Mitglieder ein, jedoch auch 7 aktive sowie 6 unterstützende aus (Ende 1906: 92, Ende 1907: 110 Mitglieder).

Dennoch ging es insgesamt bereits vor der Jahrhundertwende aufwärts, und die Sportlichkeit nahm zu. Auch ein damals kühner Charakterzug zeigte sich bereits früh im BSC, da man um eine Segelfahrerlaubnis bei Nacht ersuchte. In kleinen selbstgemachten Logbüchern wurden sämtliche Fahrten detailliert aufgezeichnet. Mit großem Stolz wurde schließlich jede einzelne Fahrt eines Sportsegelboots im Jahrbuch erwähnt. Selbst einzelne Begegnungen auf dem Wasser mit anderen Segelbooten wurden vermerkt, wodurch belegt wird, wie wenige derartige Wasserfahrzeuge es um die Jahrhundertwende am Bodensee gab. Bis ins Detail gaben die österreichischen Segler jeden gefahrenen Kilometer und jede auf dem Wasser verbrachte Stunde an. Daraus läßt sich erkennen, daß man mit jedem Segelboot in Bregenz durchschnittlich etwa 47 Ausfahrten im Jahr durchführte. Dies kam einer fast täglichen Belegung an den Wochenenden im Sommerhalbjahr gleich, wobei man jeweils ungefähr zweieinhalb Stunden segelte.

Der niedere Wert erstaunt für heutige Verhältnisse. Die damals angesichts der empfindlichen Naturstoffe Holz und Baumwolle noch erforderlichen umfangreichen Vor- und Nachbereitungen für das Segeln sowie die weitgehende Beschränkung auf schönes Tageswetter ab dem späten Vormittag, und der gesellschaftliche Zwang zur rechtzeitigen Rückkehr bereits am Nachmittag erklären dies jedoch. Dennoch wurden bald sogar Segelreisen unternommen. Die Lindauer und Bregenzer Segler wagten sich allerdings zuerst mit ihren Segelbooten nicht sonderlich weit nach Westen. Die von BSC-Seglern 1898 erstmals durchgeführte Fahrt rund um den Obersee erregte derart viel Aufsehen, daß sogar ein ausführlicher Bericht in der Zeitung abgedruckt wurde.

Mitglieder

Vor allem die Sportlichkeit war damals nicht mit heute zu vergleichen. Segler war man vor dem Ersten Weltkrieg nicht, weil man gut segeln konnte, sondern weil man ein vollendeter Gentleman war; Gentlemen und "Sportsmen" waren beinahe Synonyme im damaligen Sprachgebrauch. Segeln selbst mußte man nicht können. Man war Segler nicht aufgrund körperlicher Konstitution sondern durch seinen gesellschaftlichen Stand. Das erklärt die enorm hohen Anteile der passiven Mitglieder der Segelclubs vor dem Ersten Weltkrieg, von denen sich jeder zurecht stolz als Segler bezeichnete. Schulung wurde wenig bis keine betrieben, da es sich beim Segeln laut damaliger Ansicht um eine dem gottbegnadeten Gentleman angeborene Kunst handelte. Segeln war nicht erlernbar und somit auch nicht lehrbar. Dies erklärt auch das Fehlen von Segelschulen und expliziten Segellehrbüchern vor dem Ersten Weltkrieg. (Es gab nur weiterführende Literatur für den Künstler, wie etwa MUCHALL-VIEBROOK, Die Steuermannskunst für den Yachtsegler, Berlin 1890, oder HAENTJENS, Die Kunst des Segelns, Berlin 1914.)

Dies soll allerdings auch nicht bedeuten, daß einzelne aktive Segler durchaus sportliche Leistungen vollbrachten. Regatten fanden so z.B. ab 1905 statt und entwickelten sich zur Bodensee-Woche. Einigen Bregenzer Seglern gelang es sogar, auf bayerischen Gewässern Pokale zu ersegeln. Aber diese wenigen aktiven sportlichen Segler blieben am Bodensee bis 1914 die Ausnahme. Das gemütliche kurze Tourensegeln bei Tag und Sonnenschein dominierte selbst bei den aktiven Clubmitgliedern. Hingegen segelten viele passive Mitglieder damals trotz Gelegenheit oft nicht einmal auf den Clubboten mit.

1906 wurde ein Konstanzer mit seinem - auch künftig in Konstanz liegenden - Segelboot Mitglied im Bregenzer Segel-Club. 1907 trat ein Segler von der Reichenau mit zwei Segelbooten in den BSC ein. 1910 folgte ein weiterer Konstanzer mit seiner Yacht. Entfernung oder Nationalität spielten damals am Bodensee keine große Rolle. Allerdings machten es die Österreicher den deutschen Eignern leicht. Die Segelordnung des BSC legte vor dem Ersten Weltkrieg bereits fest: "Die Yachtgebräuche richten sich nach den Bestimmungen des 'Deutschen Segler-Verbandes'." Diese Anlehnung an Deutschland war keine Ausnahme, sondern damals ein allgemeines Verhalten der österreichischen Binnenvereine. Ähnlich lehnten sich auch die wenigen Segelclubs in der deutschsprachigen Schweiz vor und einige Zeit nach dem Ersten Weltkrieg an Deutschland an.

Weitere Clubgründungen

Der Segel-Club Überlingen

Während die beiden alten Segelclubs nach der Jahrhundertwende nur langsam ihre Mitglieder- und Bootszahlen erhöhen konnten (der LSC bis 1914 auf 135 und der BSC auf 115 Mitglieder), schossen im Westen des Bodensee in wenigen Jahren einige neue Segelclubs aus dem Boden, die ein erstaunliches Wachstum verzeichneten.

Als äußerer Anlaß zur Gründung eines Segelclubs in Überlingen galt die Regatta des Rheinischen Seglerverbandes im Sommer 1909 vor dem Ort, in dem es damals keine Segler gab. Der am Großherzoglich Badischen Bezirksamt tätige Regierungsassessor Dr. Theodor Wintermantel war zur Teilnahme an dieser Regatta eingeladen worden. Er fand sie als Nichtsegler so schön, daß er mit anderen - ebenfalls Nichtseglern - kurz darauf am 18. August 1909 den Überlinger Segelclub ÜSC gründete.

Das Wachstum des Clubs erfolgte ziemlich unregelmäßig. Nach der Gründungseuphorie als rein gesellschaftlicher Verein kam es anfangs zu nur geringem Aufschwung. Erst als man sich ab 1912 überregional ausrichtete, stieg das Interesse an der Mitgliedschaft. Im Juni 1914 waren es 203 Personen. Ungünstig war, trotz deutlicher Verbesserungen, selbst 1914 noch das Mißverhältnis zwischen 59 aktiven und 137 passiven Mitgliedern. Auch wenn die anderen Segelclubs am Bodensee ebenfalls deutlich gesellschaftlich orientiert waren, zeigte sich dieses Übergewicht von mehr als 2:1 sonst nirgendwo. Da die passiven Mitglieder immer wesentlich weniger bezahlten als die aktiven, konnten die sieben lebenslänglichen Mitglieder mit ihren hohen Einmalzahlungen deshalb auch die prekäre Finanzlage des ÜSC nicht langfristig aufbessern.

Der Yacht-Club Konstanz

Vorläufer des organisierten Segelsports lassen sich in Konstanz bereits vor der ersten Clubgründung finden. Zwar scheint es vor 1900 in Konstanz nur wenige Segelboote gegeben zu haben, danach schafften sich jedoch, neben einigen Privatpersonen, vor allem diverse Bootsverleiher zahlreiche teilweise moderne Jollen an. Dennoch kam es lange zu keiner Clubgründung, da hier vor allem der Ruderclub Neptun zu viele Wassersportinteressenten aus den vermögenden bürgerlichen Kreisen anzog.

Wenige Tage nach der Gründung des ÜSC fand am 27. August 1909 die Gründungsversammlung des Konstanzer Segel-Clubs statt. Die Konstanzer lehnten sich in vielen Punkten an die Satzung des Bregenzer Segel-Clubs an. Wie in Überlingen nahm man auch in Konstanz das sportliche Element zuerst sehr ernst und führte noch im selben Jahr zwei interne Wettfahrten durch. Jedoch bereits auf der zweiten Clubsitzung am 3. September 1909 änderte man den Namen in "Yacht-Club Konstanz", "um auch den Motorbootbesitzern die Möglichkeit zu ausübender Mitgliedschaft zu geben". Schon 1910 unternahm der YCK eine Ausfahrt der Segel- und Motorboote zu einem gemeinsamen Picknick. Man arbeitete damals tatsächlich freundschaftlich zusammen.

Mit dieser Umbenennung bereits auf der zweiten Sitzung war eine Öffnung des Segelvereins für Motorboote erzielt, und der Club somit zu einem für den Bodensee typischen gemischten Verein geworden. Besonders in Konstanz wurde der Motorbootsport zu dieser Zeit sehr populär, und ein reiner Segelclub wäre damals finanziell nicht überlebensfähig gewesen. Allgemein bildete der zunehmend beliebtere Motorbootsport eine Konkurrenz zum Segeln, wie sich in der Gründung des Deutschen Motoryachtverbandes e.V. (DMYV) 1907 zeigte. Den später entstandenen Segelvereinen blieb folglich nichts übrig, als diese Konkurrenz durch eine Integration zu vermeiden. Auch die meisten älteren Segelclubs - selbst der Kaiserliche Yacht-Club in Kiel - waren gemischte Vereine.

Der YCK wies von allen Segelclubs das geregeltste Mitgliederwachstum auf und vergrößerte sich fast kontinuierlich jährlich um etwa 60 Mitglieder, bis zum Sommer 1914 auf 263. Die hohe Mitgliederzahl belegt, daß der Club bereits nach kurzer Zeit eine äußerlich gefestigte Struktur aufwies. Im Gegensatz zu den Gründungen vor der Jahrhundertwende, welche lange um ihre Existenz bangten, war der Segelsport um 1910 am Bodensee eine etablierte Institution. Bereits im Herbst 1911 war der YCK aufgrund seines enormen Wachstums zum mitgliederstärksten Segelclub am Bodensee geworden. Die Mitgliederstruktur war durch die vielen Aktiven zuerst sehr sportlich. Das Übergewicht der Aktiven, beziehungsweise zumindest das ausgeglichene Verhältnis zu den Passiven, kann wahrscheinlich nicht nur am Bodensee vor dem Ersten Weltkrieg als sensationell angesehen werden. Erst im Laufe des Jahres 1913 kam es zu einem Übergewicht der passiven Mitglieder, welches man Anfang 1914 im Club lebhaft bedauerte. Allerdings läßt sich 1914 nicht nur prozentual, sondern auch absolut ein deutlicher Rückgang des Mitgliederwachstums erkennen. Es waren bereits gewisse Obergrenzen erreicht.

Der Königlich Württembergische Yachtclub in Friedrichshafen

War das Wachstum des Segelclubs in Konstanz bereits erstaunlich, so sollte dasjenige in Friedrichshafen alles in den Schatten stellen. In jeder Beziehung war der KWYC die herausragendste Gründung vor dem Ersten Weltkrieg, die den Segelsport am Bodensee auch maßgeblich beeinflußte. In Friedrichshafen wurde am 20. Januar 1911 der Königlich-Württembergische Yacht-Club von sehr renommierten Bürgern Württembergs gegründet. Bereits der Name belegt, daß der Club von Anfang an unter der Protektion des württembergischen Königs stand. Dies war wahrscheinlich weltweit eine Ausnahme. 1911 wurde König Wilhelm II. von Württemberg offiziell zum Kommodore des KWYC ernannt. Es verwundert nicht, daß das württembergische Königshaus den Segelsport förderte, weil sich dort auch andere anglophile Züge fanden. Im übrigen war der württembergische König selbst Segler und besaß eine eigene Yacht, "Skidbladnir", mit der er vor 1911 allerdings Mitglied des Kaiserlichen Yachtclubs in Kiel war.

Aufgrund der königlichen Protektion fanden sich weitere renommierte Mitglieder aus ganz Deutschland ein. Der KWYC sah sein Einzugsgebiet von vornherein nicht nur lokal in Friedrichshafen, sondern im gesamten Land Württemberg. Der Königlich Württembergische Yachtclub blieb deshalb zuerst sehr exklusiv und zählte fast nur äußerst vermögende, auswärtige Mitglieder, u.a. einige direkt vom Königshof. Dies entsprach weitgehend der Fremdenstruktur der Stadt. In Friedrichshafen waren hauptsächlich Bürgerliche und Beamte aus dem schwäbischen Raum und besonders der Hauptstadt zu Gast. Die extreme Exklusivität spiegelte sich auch in fast jedem Paragraphen der Satzung.

Hinzu kam eine beeindruckende Unterstützung für den Segelclub aus der gesamten deutschen Industrie. Wie sehr sich der KWYC vor allem aus Beamten und hohen politischen Würdenträgern aus einem großen Einzugsgebiet zusammensetzte, wird nicht zuletzt an den Bekanntmachungen ersichtlich. Diese wurden nicht nur in den beiden Wassersportzeitschriften "Die Yacht" und "Wassersport", reichsweit sondern auch im "Staatsanzeiger für Württemberg" veröffentlicht. Hierzu paßt ebenso, daß dieser Club in der Vorkriegszeit und noch 1919 im Jahrbuch des DSV mit Sitz in "Friedrichshafen-Stuttgart" geführt wurde. Da die meisten Vorstandsmitglieder in Stuttgart lebten, fanden dort auch oft die Mitgliederversammlungen statt.

Daß es sich beim KWYC in der Anfangszeit um einen Club mit überwiegend gesellschaftlicher Ausprägung handelte, wird bereits daran ersichtlich, daß die Vorstandsmitglieder fast alle passive Mitglieder waren, folglich selbst nicht segelten. Dennoch wurde von den Aktiven des KWYC der Wettkampfsport früh betrieben. Die erste bereits 1911 vom Club veranstaltete Regatta stieß auf reges Interesse. Nicht zuletzt angesichts des völlig überdimensionierten Yachthafens, der bereits 1912 eingeweiht wurde, stellt sich die Frage, ob man in Friedrichshafen beabsichtigte, Kiel Konkurrenz zu machen. Als Geschäftsführer stellte der Club einen Kapitänleutnant im ebenfalls sofort gebauten eigenen Clubhaus ein. Dieser übernahm auch die Leitung des damals gegründeten Bodensee-Seglerverbandes, wodurch die Verbindung zu den anderen Bodenseeseglern vertieft werden sollte, und organisierte die Bodensee-Woche mit. In jedem Punkt setzte der KWYC somit neue Maßstäbe.

1912 - nach nur einem Jahr - zählte der Club bereits 201 Mitglieder und 36 Boote. In den Folgejahren war das Wachstum jedoch deutlich gebremst. Bis Ende 1914 konnte die Zahl der Mitglieder nur noch auf 257 erhöht werden. Auch in Friedrichshafen war somit, trotz königlicher Förderung, das Potential für den Segelsport weitestgehend ausgeschöpft. Folglich wäre der Segelsport auch ohne den Ersten Weltkrieg nicht mehr merklich gewachsen!

Der Großherzoglich Badische Yachtclub

Angesichts des werbetechnischen Erfolges der königlichen Protektion eines Clubs in Friedrichshafen sahen sich alle anderen Bodenseesegelclubs bedrängt und versuchten - gegen ihre sonst hochgehaltene liberale Gesinnung -, ebenfalls aus marketingtechnischen Überlegungen heraus eine adlige Protektion und einen damit verbundenen adligen Titel zu erhalten. Dies lag damals im Zug der Zeit: Nachdem 1890 Prinz Ludwig von Bayern das Protektorat über den Segler-Verein Würmsee übernommen hatte, wurde dort der als etwas zu klein und deshalb unschicklich empfundene Name 1909 in Bayerischer Yacht-Club abgeändert. Die bereits vorhandenen Kontakte zwischen Überlingen und Konstanz führten 1912 zur Gründung eines übergeordneten Badischen Yacht-Clubs mit den zwei Segelabteilungen in Konstanz und Überlingen. Im November verlieh der Badische Großherzog dem Doppelclub das Attribut "Großherzoglich", mit dem man sofort erfolgreich um neue Mitglieder warb.

Der Yachtclub Radolfzell

1912 wurde der Radolfzeller Segelclub - auch als Yacht-Club Radolfzell bezeichnet - als ältester Segelclub am Untersee gegründet. Da er zu klein war und keine Lebensfähigkeit aus sich selbst heraus erwarten konnte, schloß er sich umgehend als Abteilung Radolfzell dem damals in Konstanz entstehenden Großherzoglich-Badischen Yacht-Club an. Die Mitglieder des Radolfzeller Segelclubs kamen früh auch aus Singen, weshalb man vermuten darf, daß dieser Club nicht so bildungsbürgerlich elitär strukturiert war wie in den anderen überwiegenden Verwaltungsstädten. Hier spielten Industrielle - also das Wirtschaftsbürgertum - eine größere Rolle. Allerdings waren die Mitgliederzahlen vor dem Krieg sehr gering, so daß man eher von Einzelpersonen als von Schichten sprechen muß. Ende 1914 besaß die Abteilung Radolfzell erst 25 Mitglieder, wovon jedoch 17 aktive und 8 passive waren. Dies dürfte die extremste Sportlichkeit im organisierten Segelsport vor dem Ersten Weltkrieg darstellen.

Die Akademische Abteilung in Freiburg

Am 17. November 1913 wurde die Akademische Abteilung in Freiburg gegründet und rasch in den GBYC aufgenommen. Sie hatte ihren Heimathafen in Konstanz. Letzeres war jedoch überwiegend Theorie. Zu Übungszwecken segelte man auf dem wesentlich leichter zu erreichenden Titisee oder Schluchsee. Allerdings beabsichtigten einige Mitglieder, ihre Boote aus Berlin an den Bodensee zu bringen. Dies zeigt auch bei der Freiburger Abteilung den enormen Einzugskreis der Mitglieder. Heute für viele Segler mit ihren Segelyachten als schier unüberwindbare Distanzen angesehene Entfernungen spielten damals, trotz erheblich höherer Kosten und vielfältigerer technischer Probleme, eine geringere Rolle. Und die Abteilung in Konstanz nahm die Angelegenheit sehr ernst. Man wollte sich sogar für die Freiburger Abteilung um bessere Zugverbindungen zu ihrem Heimathafen Konstanz bemühen.

Insgesamt gelang es dadurch dem nun aus vier Einzelabteilungen in Konstanz, Überlingen, Radolfzell und Freiburg bestehenden Großherzoglich Badischen Yachtclub, bis Ende 1914 zu einem Mammutclub mit 525 Mitglieder anzuwachsen. Um die weitverstreuten Mitglieder noch informieren zu können, benötigte man bereits damals eine mit der Post versandte aufwendige Clubzeitschrift.

Jene Werbewirkung des Adelstitels verursachte auch bei den zwei östlichen Segelclubs ein Bedürfnis nach adliger Protektion. Weil in Österreich den Union Yacht Clubs von Franz Joseph I. der Titel Kaiserlich-königlich verliehen wurde, bat der Bregenzer Segel-Club 1913 um Aufnahme in den Unionskreis, die sofort genehmigt wurde. Der BSC war dafür sogar bereit, seinen Namen aufzugeben und sich in Kaiserlich-Königlicher Union-Yacht-Club Bodensee (KuKUYCB) umzubenennen. Als letzter Segelclub am Bodensee verspürte auch der älteste Verein den Drang nach adliger Reputation. Mitte Januar 1914 sagte der Bayerische König dem Club zu, Ehrenmitglied und Kommodore zu werden. Von einer Werbewirkung profitierten diese beiden Clubs jedoch aufgrund des ausbrechenden Ersten Weltkriegs nicht mehr.

Der tatsächliche Einfluß der Adligen auf den Segelsport darf allerdings nicht überschätzt werden: Im BSC zog man die Adligen als Mitglieder explizit nur zur "gesellschaftlichen Dekoration" heran. Abgesehen vom KWYC war es in den anderen Segelclubs am Bodensee de facto ebenso. Man warb mit den Namen der Hohen Herrschaften um weitere Mitglieder. Mit Ausnahme von König Wilhelm II. von Württemberg kümmerten sich die anderen adligen Mitglieder der Clubs auch kaum um den Segelsport am Bodensee. In vielen Fällen waren sie selten oder vereinzelt sogar nie in ihrem Club sondern korrespondierten nur spärlich in Briefform. Das oft gelobte umfassende und positive Wirken der Adelshäuser hielt sich am Bodensee in engsten Grenzen. Abgesehen von wenigen geringen finanziellen Zuwendungen handelte es sich eher um einen psychologischen Werbeeffekt für den Segelsport.

Ferner entpuppte sich das Adelsattribut als eine zwiespältige Werbemethode: Wie die Vorstände bald feststellten, konnten als Neuzugänge überwiegend nur passive ortsfremde Mitglieder gewonnen werden, die ausschließlich am Renommee des Clubs interessiert waren. Das zeigte sich bald an der Mitgliederliste des GBYC, die Heimatorte auf der ganzen Welt enthielt. Dies führte zu erheblichen clubinternen Spannungen mit den ortsansässigen aktiven Seglern, die gleichzeitig immer sportlicher wurden. Zwar wurden die bereits 1913/14 ausbrechenden Konflikte notdürftig durch den Krieg überdeckt, aber letztendlich führten sie ab 1919 zum Auseinanderbrechen der Zusammenschlüsse.

Resümee

Die Frühzeit des Segelsports am Bodensee stellte sich als eine faszinierende Epoche mit oft unerwartet dramatisch-dynamischem Wandel heraus. Der Entstehungszeitraum des Segelns vor dem Ersten Weltkrieg war keineswegs frei von Problemen, und in ihrer Überbetonung des gesellschaftlichen Moments entsprach sie auch nicht immer dem, was wir moderne Segler heute unter unserem Sport verstehen, und weshalb wir ihn lieben. Es war somit keine Zeit, die sich für schwärmerisch romantische Verklärung eignet, aber eine Epoche, die uns bei genauer Betrachtung zeigt, daß zahlreiche moderne Probleme in Varianten bereits früher vorkamen oder zumindest angedeutet waren. Die damals beschrittenen Lösungswege dürfen zwar nicht einfach übernommen werden, allerdings können sie uns helfen mit den modernen Problemen des Segelsports am Bodensee gelassener umzugehen - im Bewußtsein, daß das organisierte Segeln an unserem See auf eine weit über einhundertjährige und insgesamt erfolgreiche Geschichte zurückblickt.

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Segeln 21 - Dr. Schuhmacher

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